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Ennui – 3. Initiation

Ehe man sich’s versah, sind die großen Pläne zerschmolzen. Ein weiteres halbes Jahr war verstrichen. Man könnte darüber weltschmerzend werden, das, was die Franzosen „Ennui“ nennen. Ennui ist nicht nur Langeweile, es ist vielmehr jenes Gefühl, das wir in Wien so elegant mit einem Wort „zach“ nennen, wofür andere Sprachgemeinden vielleicht ganze Sätze brauchen. Eine sich bleiern herabsenkende Weile, ein Gewicht unter dem die Zeit sich ins Grauenerregende dehnt. Aber das stimmt ja eigentlich gar nicht. Im Gegenteil, die Zeit hat ihrerseits sich verflüchtigt wie die explosiven Prozessreaktionen im Dynamitfasse. So ist mir mein Tintenfass explodiert und hat nichts übriggelassen als die Erkenntnis, dass die Zeit schon wieder verstrichen ist, und keine Spuren hinterlassen hat. Nur meine Falten sind tiefer geworden, wobei selbst das fraglich ist, nachdem ich auf das Drängen meiner Partnerin eine Anti-Aging-Routine über mich ergehen lasse. „3 Jahre sind von dir abgefallen“, meinte sie. Und wenn die Zeit hier etwas abspeckt, dort sich verlüchtigt und drüben sich knäult, bleibt für den guten, alten Ennui nichts übrig, man muss zusehen, dass man sich nicht selbst verflüchtigt.

Aber die Pläne gelten doch noch. Sie sollen weiterhin in die Ferne gesprochen sein und als glühende Verheißung sich nähern. Verheiße mir doch etwas, sprich mir von dem rätselhaften Glück, denn für Ennui verstreicht uns die Zeit doch viel zu rasch.